Mystik im Alltag

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"Wir wollen alle etwas Besonderes, etwas Einzigartiges erschaffen, ja sein." *

(alle in diesem Text verwendeten Zitate sind aus dem Programmheft zu folgender Inszenierung entnommen: "Der Ruf" · Serapionsensemble · Odeon - Theater · 2018)

Wege des Ruhms


Ich wollte nie etwas Besonderes sein und habe lange geglaubt auch nichts Einzigartiges erschaffen zu wollen.
Vor allem als Jugendliche war ich unglücklich darüber, dass ich mich durch ein Zeichentalent von den anderen unterschied.

Lieber wollte ich durchschnittlich begabt sein, dafür aber in jedem Schulfach eine Eins bekommen, ohne für die Prüfungen lernen zu müssen – wie es viele Einserschülerinnen in meiner Klasse von sich behaupteten. Ich dachte, dann könnte ich jeden Beruf erlernen und später ausüben.
Hauptsache das sein, was ich damals für normal hielt und später in einer Anstellung regelmäßig sicheres Geld verdienen mit garantiertem Pensionsanspruch, sowie als natürliche Folge all dessen Freunde, Mann, Kinder, Familie.

Ein regelmäßiges Einkommen schien mir außerdem Freiheit zu bedeuten – es ermöglicht alle persönlichen Bindungen, die uns unfrei machen zu lösen.

"Geld, Macht, Besitz, Konsum, Strukturen, Gewohnheiten, Sicherheit – oder zumindest die Illusion davon – halten sie anfänglich davon ab, dem Ruf zu folgen und den Herzensweg einzuschlagen." *

Als ich mir im März 2018 den "Ruf" des Serapions Ensembles im Odeontheater in Wien angeschaut habe und den Satz "Wir wollen alle etwas Besonderes, etwas Einzigartiges erschaffen, ja sein." im Programmheft gelesen habe, wurde mir einen Moment lang bewusst, wie seltsam meine innere Einstellung damals war und immer noch ist und wusste denn auch wie ich diesen Essay betiteln würde – "Wege des Ruhms".

Allerdings möchte ich in der Malerei tatsächlich das Besondere – das Einzigartige schaffen.
Natürlich ist das Hybris.

Wäre ich sehr reich - eine erwerbslose Multimilliardärin – eine Erbin beispielsweise - würde ich auch malen.
Ich würde an den einsamsten – menschenleeren Ort ziehen – vielleicht begleitet von ein paar Katzen, Ziegen und Hühnern - und würde nichts anderes mehr tun als den ganzen Tag zu malen während ich von den Zinsen meines Vermögens leben würde - aber ich glaube, ich würde nicht versuchen auszustellen.
Stattdessen würde ich nur für mich selbst arbeiten, und sollte dann am Ende tatsächlich das Einzigartige schlechthin entstehen, wäre es mir egal, ob dieses Einzigartige ein anderer Mensch jemals zu sehen bekommt oder nicht.
Dass es da ist, würde genügen.


Der Stein


Vor nicht allzu langer Zeit war ich auf dem Heimweg von einer Wanderung am hohen Lindkogel – interessanterweise mit einem Stein im Schlepptau, der – nach einem Steinschlag mit vielen anderen auf meinem Weg gelegen hatte.

Mit Stein traf ich am Waldrand Eva Tuma, die ja auch in meiner Ausstellung gewesen war und ihren Mann – ihrerseits auf dem Weg in den Wald hinein – ich aber auf dem Weg aus dem Wald hinaus.

Im Gespräch, das sich dann entsponnen hat, merkte ich, die beiden hatten mich schon aufgegeben – dachten ich machte nichts mehr, malte nicht mehr.
Weil ich lange nichts von mir auf www.mystikimalltag.info veröffentlicht habe, glauben inzwischen viele Leute - während ich das hier schreibe und veröffentliche haben wir das Jahr 2018 – dass ich aufgehört hätte zu malen.

Durch das Gespräch im Wald kam ich wieder in die Gänge:
Es wird langsam wieder Zeit das Projekt – Website / mystikimalltag.info weiterzuentwickeln, auch weil seit 2016 gänzlich neue Bilder entstehen.


"Jede persönliche, individuelle Entwicklung kann sich nur in Bezug auf den anderen vollziehen.
Nur im anderen kann man sich selbst erkennen." *

Ich habe über die verschiedenen Reaktionen auf die Website und über deren Inhalte nachgedacht und habe erkannt, vieles muss überarbeitet werden, damit es klarer wird, es müssen auch nach und nach wieder neue Bilder ins Netz – es will aber wohlüberlegt sein, welche – und die Fotos machen sich auch nicht von alleine.

Schließlich braucht es einen Text, in dem ich mich mit den bisherigen Reaktionen auf www.mystikimalltag.info beschäftige und andeute wohin die weitere Reise – meiner Malerei und dieser Website – gehen soll. Deshalb veröffentliche ich nun – Mitte 2018 – eben den vorliegenden Text "Wege des Ruhms".

Gleichzeitig geht mein Essay Missbrauch und Manipulation ins Netz.

Beide Texte sind nicht nur für meine Mitmenschen gedacht, sondern das Schreiben selbst hilft mir, meine Ideen und Gedanken zu ordnen, was wiederum der Malerei zu gute kommen wird.


"Warum vergessen wir, dass wir mit jedem Fallen und Wiederaufstehen besseres Gleichgewicht erworben haben, und jedes Scheitern uns dem Gehen und Sprechen nähergebracht hat?" *
Christa Klinger hat im Zuge der Ausstellung "Lichte Saat" - aber auch noch danach - versucht mich mit anderen Künstlerinnen zusammenzubringen – was insofern gescheitert ist, als ich mich in dieser Situation durch mein gesamtes Verhalten im Grunde selbst sabotiert habe, denn:
Sie konnte nur die Situation herstellen, die das Kennenlernen ermöglicht – den Rest hätte ich schon selbst tun müssen.

Vor, während und nach der Ausstellung schien mir Christa Klinger klar dagegen zu sein, dass ich andere KünstlerInnen auf meine Web- Adresse hinweise.

Ich hatte den Eindruck, sie fand meine Website problematisch – sowohl was die Inhalte betrifft (die Texte) – als auch was die Art betrifft, wie ich mich auf meiner Seite präsentiere.
Sie sprach mich jedoch nie direkt auf dieses Thema an, machte nur Andeutungen, damit ich selbst herausfinden sollte – was mit der Seite nicht stimmt – bzw. was sie nicht stimmig findet.


"Der Reisende kommt in eine Stadt, die vom Materialismus geprägt und eine in sich geschlossene Gesellschaft ist. Er wird als fremd erkannt und in einen ausgetrockneten Brunnenschacht geworfen." *

In der Tat hat mein Webdesign 2018 etwas von einem Flyer für eine Punk - Garagenband an sich – im Moment finde ich das noch gut so. Vielleicht kommt aber später noch ein ganz neues Layout, das aber auch nicht zwingend seriöser aussehen muss ...

Die Texte sind wieder eine andere Sache. Da kam nun Kritik von vielen Seiten.
Einige Texte, die ich 2015 veröffentlicht habe, waren missverständlich. Dazu später mehr

Dann scheint mein Text Zen Goes Pop bzw. Kunst ist tot! ein echter Aufreger zu sein:

Vor längerer Zeit besuchte ich zum Beispiel die Ausstellung eines Malers, die ich recht interessant gefunden habe, rein technisch sind seine Bilder unnachahmlich:
er bedient sich uralter Maltechniken, um durchaus zeitgemäße Bilder umzusetzen.
So habe ich in seiner Ausstellung meine Web- Adresse hinterlassen, ohne zu bedenken, dass ich in meinem Text "Zen Goes Pop" einen Seitenhieb auf "realistische" Maler angebracht habe, die sich als "alte Meister" sehen.

Ich sah den betreffenden Maler aber nicht in dieser Schublade, obwohl er äußerst "realistisch" malt, weil ich seine Bilder dazu viel zu originell fand.

Er selbst wird sich jedoch – da er entsprechende Maltechnik anwendet in dieser Kategorie sehen und geglaubt haben, ich wollte ihn provozieren.
Das habe ich nicht bedacht.

Nein, ich wollte nicht provozieren, sondern war im Gegenteil sehr angetan von seinen gezeigten Bildern.

Mir geht es lediglich auf die Nerven, wenn sich MalerInnen, die sogenannt "realistisch" arbeiten immer noch als NachfolgerInnen der alten Meister vermarkten um sich abzugrenzen von den "Abstrakten" – als würden wir immer noch in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts leben, als die Frage realistisch – oder abstrakt malen – eine politische war. Dieser Streit hat meine ganze Kindheit und Jugend vergiftet.

Ich halte diese Phase der Lagerbildung für überlebt und vorbei.
Dennoch ist es vielleicht unklug selbst gegenständlich zu arbeiten und dann in einer einzelnen Bemerkung in einem Text über bewusst "realistisch" arbeitende KünstlerInnen scheinbar zu lästern.

Zu einem späteren Zeitpunkt war ich dann in einer anderen Ausstellungseröffnung in einer anderen Galerie in Niederösterreich, deren Namen ich an dieser Stelle ebenfalls aus dem Spiel lasse.


Es wurden die Bilder eines durchaus soliden "realistischen" Malers gezeigt.
Einige Leute waren anwesend, und es kam die Rede auf genau die Inhalte, die ich – thematisch genau in dieser Reihenfolge – in meinem Text Zen Goes Pop abgehandelt habe.

Dabei erfuhr ich ganz neue Wahrheiten über Andy Warhol.


Diese neuen Erkenntnisse über Andy Warhol möchte ich an dieser Stelle kurz wiedergeben:

demnach wäre Warhol nicht nur Erfinder der Brillo Box gewesen und der Erneuerer der Kunst wie in meinem Text "Zen Goes Pop" im folgenden Abschnitt angeführt: Link.
Warhol hätte nämlich – nach Meinung dieser Ausstellungsbesucher - vor allem mit der Hilfe jüdischer Sammler und Kritiker seine Größe und Bedeutung erlangt ...
Er hätte außerdem eine Serie von Kupferdrucken gemacht, die folgendermaßen entstanden wären:

er und seine Freunde und Freundinnen von der factory hätten Kupferplatten angepink… pardon ich meine, er und seine Freunde und Freundinnen von der factory hätten auf Kupferplatten uriniert und die dabei entstehenden Verätzungen hätten dann Druckplatten für Kupferdrucke ergeben
– letztere Geschichte habe ich vor zwanzig Jahren schon einmal genauso gehört, die entsprechenden Bilder aber noch nie gesehen.

Die von den Frauen auf diese Weise geschaffenen Bilder müssten dann eher flächige abstrakte Formen zeigen, während die von Männern geschaffenen Bilder dann wohl eher punktförmige- und lineare Strukturen aufweisen müssten.
Ein in seiner Klarheit beeindruckendes künstlerisches Statement:

vom Punkt zur Linie zur Fläche!


Neu war mir jedoch, dass zwischen dieser neuen künstlerischen Ausdrucksform und der Tatsache, dass (auch) jüdische Sammler Bilder von Andy Warhol gekauft haben ein enger Zusammenhang bestünde.
Ich bin von dieser Erkenntnis natürlich beeindruckt, vollkommen niedergeschmettert und muss sie erst langsam verarbeiten.
Nun aber Spaß beiseite:

Es sind nicht die KünstlerInnen, die verschiedene Strategien ausprobieren, um ihre realistischen Bilder zu vermarkten, was für sie eine existentielle Notwendigkeit ist, auf die sich meine Bemerkung in "Zen Goes Pop" bezieht.
Meine Bemerkung in "Zen Goes Pop" bezieht sich vielmehr auf eine ganz bestimmte Kategorie von Käufern bzw. Kunstsammlern, die sich offenbar von bestimmten Künstlerbildern und Vermarktungsstrategien angesprochen fühlen, und die ich mit meinen Bildern nicht ansprechen möchte.

Wie zum Beispiel diese beiden verrückten Ausstellungsbesucher, die verschrobenen jüdischen Kunstverschwörungstheorien anhängen.
Solche Verschwörungstheorien - egal ob sie von links oder rechts kommen - sind mir einfach zu blöd.


Deshalb bleibt Zen Goes Pop" alias Kunst ist tot! auch unverändert im Netz.
"Er isst von den Speisen der fremden Stadt und vergisst nun alles […] " *

Es gibt hier zu diesem Zeitpunkt – während ich das hier schreibe, haben wir Jahresmitte 2018 - zwei autobiographische Texte:
Der Weg ist das Ziel aus 2015 - komplett überarbeitet 2018 - und den frischen Text Unterwegs. Einen dritten Text – "Ahoi!" – aus 2015 - habe ich wieder aus dem Netz genommen.

Die beiden Texte "Der Weg ist das Ziel" und "Ahoi!" mussten – so wie ich sie 2015 geschrieben habe – missverstanden werden.
Wie ich zu meinen Lebensentscheidungen der letzten Jahre gekommen bin, möchte ich nach und nach in weiteren biografischen Texten einigermaßen nachvollziehbar herausarbeiten.
Mein Ziel ist es einige Begebenheiten aus meiner Kindheit bis etwa zum achtzehnten Lebensjahr – vielleicht auch darüber hinaus - in Form von exemplarischen Begebenheiten in Form von Essays abzubilden.

Als eine Grundlage für diese Essays verwende ich meine Tagebücher aus dieser Zeit.

Mit etwa acht Jahren habe ich das erste Mal versucht Tagebuch zu führen, aber erst zwischen meinem elften und achtzehnten Lebensjahr habe ich dann wirklich konsequent regelmäßig – meistens täglich – aufgeschrieben, was mich am jeweiligen Tag beschäftigt hat.

Grundlage für die autobiographischen Essays sind aber auch klare – zum Teil ältere - Erinnerungen, die nicht notiert worden sind und sich dennoch im Kopf eingebrannt haben.

Auf die Idee Tagebuch zu führen kam ich zum ersten Mal mit etwa sieben Jahren dadurch dass ich mich einerseits in einer sehr unglücklichen Lebenssituation befunden habe, andererseits wahrgenommen habe, dass ich damals nach und nach alles zu vergessen begann, was ich zwischen meiner Geburt und meinem sechsten Lebensjahr erlebt habe, auch Erlebnisse der damals jüngsten Zeit drohten zu verblassen.

Etwas kam hinzu:

Mein Vater erklärte mir damals – als Kind von etwa sieben Jahren - sinngemäß, wenn man Dinge verdrängt und vollständig vergisst, verurteilt man sich selbst dazu, immer wieder dieselben Dinge zu wiederholen, die man schon einmal falsch gemacht hat, immer wieder dieselben Entscheidungen zu treffen, ohne seine Entscheidungen besser abzuwägen, weil man dann nie dazulernt und sich nie weiterentwickeln kann.

Er meinte auch, jeder erwachsene Mensch, dem ständig Unglück widerfahre sei in der Regel selbst schuld daran, weil er in der Regel verdrängte Muster aus seiner Kindheit wieder und wieder wiederhole.

"Selber schuld, ka Mitleid!",
war daher eine seiner am häufigsten gebrauchten Redewendungen während meiner Kindheit.

Logischerweise darf man dann überhaupt nichts verdrängen, muss immer und ständig alles erinnern, auch das Unangenehmste und Schmerzhafteste.

Deshalb begann ich mit dem Führen eines Tagebuchs, in dem ich gerade die traumatischsten Erlebnisse und Gefühlszustände meines damaligen Lebens ausführlich beschrieben habe, damit sich diese Ereignisse in meinem zukünftigen Leben nicht wieder und wieder wiederholen sollten.

Leider habe ich später den Fehler gemacht im Laufe meines Studiums - aus Zeitgründen - das Tagebuchschreiben einzustellen - mit zeitweise dramatischen Folgen.
Erst gegen 2010 habe ich dann wieder nach und nach begonnen, zwar nicht wieder ein ausführliches Tagebuch zu führen - mir jedoch zumindest regelmäßig Notizen zu machen.
Das hat sich positiv ausgewirkt.




"[…] So macht er sich ohne ein Ziel vor Augen auf den Weg. An einem Seil aus Licht kann er aus dem Brunnenschacht entkommen. Der Weg führt ihn an das Ende der materiellen Welt. […] " *
Die biographischen Texte sollen das Geheimnis und meinen blinden Fleck mit dem Bild dessen was die Außenwelt über mich weiß bzw. zu wissen glaubt in stärkere Übereinstimmung bringen.

Jan Kossdorff hat einen Roman geschrieben – "Kauft Leute" ** – ein Buch, das zu lesen ich übrigens dringend empfehlen möchte. Darin gibt es eine Passage, die ich jetzt einfach zitieren möchte (S 238):
(Absätze – zur Verdeutlichung von mir gesetzt – im Original ist das Folgende ein fortlaufender Text)

"Kennst du das Johari- Fenster?" […]

"Im Johari- Fenster siehst du, wo sich dein Selbstbild mit dem Bild der Außenwelt trifft.

Auf der x- Achse ist festgeschrieben, was dir über dich bekannt ist, auf der y- Achse, was die anderen über dich wissen.

Was dir über dich bekannt ist und allen anderen auch, das bist du als öffentliche Person.

Was dir bekannt ist, aber den anderen nicht, das ist dein Geheimnis.

Was dir nicht bekannt ist, den anderen aber schon, das ist dein blinder Fleck."

Ich habe in Jan Kossdorffs Roman zum ersten Mal von diesem Johari- Fenster erfahren.
Das Konzept erscheint mir spannend. Man könnte tatsächlich endlos darüber nachdenken.

Ich möchte dieses Konzept an dieser Stelle ein wenig abwandeln:

Was dir über dich bekannt ist und allen anderen auch, muss nicht der Realität entsprechen.

Was dir bekannt ist, aber den anderen nicht – das Geheimnis – muss nicht der Realität entsprechen.
Du kannst einer Selbsttäuschung erlegen sein.

Was mir nicht bekannt ist, den anderen aber schon - muss nicht der Realität entsprechen.
Auch die anderen können einer Täuschung erlegen sein.

Aus der Schnittmenge all dessen kann aber die Wahrheit langsam herausgeschält werden.

" […] Nicht nur im Sufismus, sondern z.B. auch in der jüdischen Mystik ist es die Finsternis, an deren tiefster Stelle das Licht geboren wird. […] " *

Instant Karma


Im bisherigen Verlauf meines Lebens bin ich wieder und wieder Menschen begegnet, die mir erklärten, Erfolg und Misserfolg in meinem Leben stünden und fielen mit meiner Beziehung zu meinem Vater.

Demnach müsste ich jeden Kontakt zu meiner Mutter abbrechen, vollständig und für immer und stattdessen in eine enge Beziehung zu meinem Vater treten.

Ich müsste auch alle Kontakte zu den Menschen abbrechen, die nicht Freunde oder Bekannte oder Verwandte meines Vaters sind. Seine Freunde müssten meine Freunde sein und meine Freunde die seinen.

Sobald ich diesen Schritt gesetzt hätte, wäre es völlig egal, welchen Weg ich einschlagen würde im Leben – größtmöglicher Erfolg würde sich zwangsläufig einstellen.

Würde ich diesen Schritt aber nicht setzen, wäre es völlig egal, welchen Weg ich einschlagen würde im Leben – alles würde scheitern – egal wie sehr ich mich auch bemühte.

Warum ich genauso handeln sollte, wurde aber niemals begründet.

Manchmal hieß es – sinngemäß - sobald ich den Schritt gesetzt hätte – Abbruch jeglichen Kontakts zur Mutter – enge Beziehung zum Vater – würde ich erfahren warum diese Forderung an mich gestellt worden ist.

Das ist wahre Mystik im Alltag ...

Tatsächlich tat ich dann vor etwa zehn Jahren das genaue Gegenteil dessen, was immer wieder von mir verlangt worden war:

Ich habe vor etwa zehn Jahren jeden Kontakt zu meinem Vater abgebrochen – vollständig und vermutlich für immer.

Ich würde wieder so handeln.

Weil ich nicht anders handeln konnte.

Nachdem ich diesen Schritt gesetzt habe, habe ich nach langer Zeit wieder zu malen begonnen.

Manchmal denke ich, dass der Mensch - jeder Mensch - nicht frei ist in seinen Entscheidungen:
Luthers "Hier stehe ich, ich kann nicht anders." gilt für jeden Menschen in jedem Augenblick seines Lebens – nur ist uns das meistens nicht bewusst.


Instant Karma:

Das folgende Beispiel ist zugegebenermaßen aus den Fingern gesogen, aber so funktioniert Philosophie:

Stelle dir vor, du stehst auf einer Klippe – die Klippe ist geradeso breit wie du und hinter dir steht ein Verbrecher – körperlich stärker als du - der dich mit seinem Revolver erschießen möchte.
Du kannst nicht an ihm vorbei.

Unmittelbar vor dir stürzt aber die Klippe hundert Meter senkrecht in ein wild bewegtes hunderte Meter tiefes Meer, durchsetzt mit spitzen Klippen, die dich aufschlitzen werden, wenn du hinunterspringst.

Jean Paul Sartre hätte behauptet, dass gerade dieses Beispiel beweise, dass der Mensch in jeder Lebenssituation eine Wahlmöglichkeit hat, denn:
Er kann springen oder nicht springen. Er kann außerdem versuchen zu kämpfen.

Denken wir weiter darüber nach:

Springt der betreffende Mensch, stirbt er – er ertrinkt oder zerschellt.
Bleibt er auf der Klippe stehen, wird er erschossen und stirbt auch.
Kämpft er mit dem Mann mit dem Revolver, um ihm im Kampf die Waffe zu entwinden hat der Mensch eine weitere Handlungsmöglichkeit – aber wie groß wären seine Chancen zu überleben?

Also läuft es in dieser Situation am Ende immer wieder auf dasselbe Ergebnis hinaus.

Die tatsächlich entscheidende Frage ist für mich aber nicht, welche Handlungsmöglichkeiten der Mensch in einer solchen Situation hat, sondern:

Warum kommt ein Mensch überhaupt in so eine Situation – ein anderer Mensch aber nicht?




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Zitate und Quellen:

* Serapions Ensemble · "fidèles d´amour 3" - "Der Ruf" · inszeniert im Odeontheater in Wien 2018 - die Zitate sind in willkürlicher Reihenfolge dem Programmheft entnommen; alle Hervorhebungen von mir - nicht im Original.

** Jan Kossdorff "Kauft Leute" · Milena Verlag Wien, 2013 · ISBN 978 – 3 – 85286 – 232 – 2.

Die verwendeten Fotos Nr. 1, 2, 6 und 7 (chronologische Reihenfolge) sind im Rahmen eines Fotolehrgangs entstanden, den ich im Sommersemester 2011 an der Fachhochschule St. Pölten ein Semester lang besucht habe.
Es handelt sich dabei um Hausübungen - mit diesem Wort wurde das an der Fachhochschule tatsächlich bezeichnet, die dann im Kurs besprochen und bewertet wurden.
Die Fotos Nr. 3, 4, 5, und 8 entstanden im gleichen Zeitraum, sind aber rein private Aufnahmen - ohne unmittelbaren Zusammenhang mit dem Fotolehrgang.